Was bedeutet Nachhaltigkeit?

Das Wort der „Nachhaltigkeit“ ist heute in aller Munde und wir sind vielfach mit diesem Wort konfrontiert. Es geht um nachhaltiges Wirtschaften und nachhaltige Unternehmensführung, die Politik schreibt sich das Wort auf die Fahne. Es gibt Nachhaltigkeitskonzepte in Schulen und Kindergärten, nachhaltiges Denken und Handeln soll unseren Alltag in Bezug auf unser Verhalten oder unseren Konsum bestimmen.

Was aber bedeutet dieses Wort der „Nachhaltigkeit“ tatsächlich? Nachstehend werde ich ein Konzept darstellen, das versucht, eine umfassende, ganzheitliche Perspektive des Begriffs der Nachhaltigkeit zu entwickeln. Dieser Begriff wird sich auf unterschiedliche Bereiche beziehen, da Nachhaltigkeit bezogen auf soziales Zusammenleben im Rahmen unserer zunehmend globalisierten Welt eine entscheidende Rolle spielt. Auch der Zusammenhang zwischen heutigen Anforderungen und den Anforderungen künftiger Generationen, also der Zukunftsaspekt im Sinne der Generationengerechtigkeit, ist entsprechend zu würdigen.

Gerade im Bereich der Ökologie und im Bereich wirtschaftlich tätiger Unternehmen spielt der Begriff der Nachhaltigkeit eine prominente Rolle. Eine umfassende Definition des Konzepts verlangt aber mehr, als die reine Konzentration auf Umweltaspekte oder unternehmerisches Tun.

Um sich dem Begriff der Nachhaltigkeit anzunähern, scheint ein Blick in den Duden hilfreich. Dort wird Nachhaltigkeit definiert als

  1. längere Zeit anhaltende Wirkung
  2. forstwirtschaftliches Prinzip, nach dem nicht mehr Holz gefällt werden darf, als jeweils nachwachsen kann
  3. ökologisches Prinzip, nach dem nicht mehr verbraucht werden darf, als jeweils nachwachsen, sich regenerieren, künftig wieder bereitgestellt werden kann.

Diese Definitionen zielen (historisch) schwerpunktmäßig auf den ökologischen Aspekt der Nachhaltigkeit. Eine Beschränkung, die im heutigen Verständnis des Worts zu kurz gegriffen scheint. Zwar spielt der ökologische Aspekt eine große Rolle, andere Bereiche sind jedoch mitzubedenken und gerade der Aspekt der Dauerhaftigkeit ist ein entscheidender, der auf andere Bereiche ebenso Anwendung finden muss.

Bevor in die verschiedenen Teilbereiche nachhaltigen Denkens und Handelns einzusteigen ist, scheint es mir entscheidend, den Zeitaspekt voranzustellen. Egal, ob es um die nachstehend dargestellten Bereiche ökologischer, politischer, gesellschaftlich-sozialer, wirtschaftlicher oder auf den Lebensstil des Einzelnen bezogener Nachhaltigkeit geht, müssen immer die Aspekte aktueller Bedürfnisse der Gesellschaft in Verbindung der Handlungsoptionen künftiger Generationen betrachtet werden. Wer den Lebensraum unserer Nachfahren erhalten will, der muss bereits heute nachhaltig denken und handeln, und das eben in allen genannten Teilbereichen. Die Beachtung der zeitlichen Komponente und eine damit verbundene Antizipationsfähigkeit möglicher Entwicklungen mit allen daraus resultierenden Wirkungen sind somit unerlässlich. Und dabei muss unbedingt die Dynamik von Entwicklungen mitbedacht werden: Die gesellschaftlichen oder ökologischen Rahmenbedingungen verändern sich und diesen Veränderungen muss sich ein dynamisches Konzept der Nachhaltigkeit aktiv stellen.

Folgende Teilbereiche des Nachhaltigkeitsbegriffs sind ergänzend entscheidend, um eine umfassende Definition vorzubereiten:

  • Ökologische Dimension: Auf den Umweltaspekt wurde bereits eingegangen. Ökologisch-nachhaltiges Denkens und Handelns lässt sich beispielweise im Rahmen der Energiepolitik verdeutlichen. Die Nutzung Erneuerbarer Energien trägt zur Reduzierung von Treibhausgasen bei und kann damit zur Verlangsamung der Erwärmung unserer Atmosphäre führen. Aber auch die Einstellung und Entscheidungen Einzelner spielen eine Rolle, wie unter dem Aspekt des „Lebensstils“ noch verdeutlicht wird.
  • Politische Dimension: Nachhaltiges Denken muss politische Entscheidungen beeinflussen, ob lokal, national oder international. Politik hat die Aufgabe, die Rahmenbedingungen zu schaffen und zu erhalten, um die Zukunft zu sichern. Je nationale Interessen stehen dabei jedoch oftmals im Widerspruch zueinander, was globale Vereinbarungen hemmt, man denke hier an die Ergebnisse bisheriger Klimakonferenzen, die reine Absichtserklärungen, ohne wirklich bindenden Charakter hervorgebracht haben. Ebenso ist der Hunger der Welt nicht besiegt, nicht alle Menschen haben gleichgeartete Möglichkeiten des Zugangs zu sauberem Wasser oder medizinischer Versorgung, Fragen, die oftmals im Zusammenhang der Instrumentalisierung der politischen Entscheidungsträger durch (Wirtschafts-)Lobbyisten stehen.
  • Gesellschaftlich-soziale Dimension: In enger Verknüpfung damit steht diese Dimension, die eine notwendige Ergänzung zur politischen Dimension darstellt. NGOs, Verbände, Stiftungen, Kirchen oder auch Netzwerke unterliegen nicht (oder weniger) dem Druck nationaler politischer Interessen und können sich gerade deswegen auch global unabhängiger für Menschenrechte, Klimaschutz und ökologische Standards oder gegen Krieg und Hunger einsetzen. Aber auch allgemeine Fragen der Interkulturalität oder der Geschlechterverhältnisse spielen eine Rolle. Ein Beispiel einer wichtigen gesellschaftlich-sozialen Dimension (auch im Konflikt mit der politischen) ist die aktuelle sog. „Flüchtlingskrise“. Obwohl es heute Konsens in der Wissenschaft ist, dass gerade die BRD Einwanderer benötigt, um den aktuellen Wohlstand auch nur zu halten, agiert die Politik hier anders. Privates gesellschaftliches Engagement heilt dabei einige der Fehler, die im schwerfälligen und von Umfragen getriebenen politischen Bereich aktuell für die Zukunft gemacht werden.
  • Wissenschaftliche Dimension: Auch in der Wissenschaft ist nachhaltiges Denken und Handeln notwendig, bezogen auf alle o.a. Bereiche und Teilgebiete, insofern man der Wissenschaft einen begleitenden Charakter zuschreibt, aber auch einen Innovationen fördernden und die Einnahme einer Metaperspektive. Der Bereich der „Nachhaltigkeitswissenschaften“ gewinnt eine immer größere Bedeutung, was durch die steigende Anzahl möglicher Studiengänge verschiedener Disziplinen in diesem Bereich verdeutlicht werden kann.
  • Wirtschaftlich-unternehmerische Dimension: Unternehmen sind eingebunden in gesellschaftliche Prozesse und Teil des gesamtgesellschaftlichen Systems, sie nehmen Einfluss auf und unterliegen politischen Entscheidungen und beeinflussen die Umwelt oft genug erheblich. Im Bereich nachhaltigen Wirtschaftens geht es um entsprechende Positionierung, um den langfristigen Erfolg, auch aus gesamtgesellschaftlicher Perspektive (Unternehmen als Arbeitgeber, Steuerzahler, auch Mäzene). Unternehmen sind gefordert, Entscheidungen zu treffen und diese transparent zu machen. Nur dadurch wird die Glaubwürdigkeit aufrechterhalten und das Vertrauen der Stakeholder, also aller am Unternehmen interessierten Parteien (Eigentümer, Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Kreditgeber, Staat) gesichert. Auch wenn wirtschaftlich tätige Unternehmen dem Diktat der Gewinnerzielung unterliegen, stellen sich zunehmend Anforderungen, sich der Verantwortung bewusst zu sein, nicht zuletzt durch die Tatsache, dass sich immer mehr Verbraucher vor Kaufentscheidungen informieren und Aspekte nachhaltiger Produktion (von Sachgütern und Dienstleistungen) hinterfragen.
  • Dimension des Lebensstils des Einzelnen: Eben diese Möglichkeiten und Tatsachen der Verbraucher stellen Chance und Gefahr für die Unternehmen dar: Chance in der Positionierung als nachhaltig wirtschaftende Unternehmen, Gefahr in der Tatsache nicht ernst gemeinter Nachhaltigkeit, als reine Werbeversprechen (das sog. Greenwashing). Jeder Konsument aber auch jeder (aktuelle und potentielle) Arbeitnehmer kann sich zumindest informieren, wie sich das Verhältnis der Belastungen für Gesellschaft, Umwelt und Menschen zwischen Produktion und Gebrauch von Sachgütern und Dienstleistungen verhält. Und diese Information sollte sowohl in die Kaufentscheidung, als auch in die Entscheidungen, die als Angestellter einer Firma zu treffen sind, einfließen. Auf der anderen Seite ist – selbst bei umfassender Information – ein vollständig ethisches, umweltverträgliches, ressourcenschonendes Leben des Einzelnen wohl nicht möglich. Dafür unterliegen wir auch ganz praktischen Zwängen, in der Arbeitswelt ebenso, wie in Wirtschaftssystemen an sich. Und nicht jeder Mensch ist bereit (man denke an Flugreisen), fähig (Bildung) oder in der Lage (Zugang zu Informationen), sich immer vorab zu informieren und dann auch danach zu handeln.

Zusammenfassend lassen sich somit Ziele und Wege der Nachhaltigkeit festhalten: lokal, national und global; heute und morgen; dauerhafte wirtschaftliche, ökologische, gesellschaftlich-soziale und wissenschaftliche Entwicklungen.

Anmerkung: Den Teilbereich kulturellen Lebens (oder das, was heute darunter verstanden wird) habe ich bewusst außen vor gelassen, da dieser unter allen genannten Teilbereichen zu subsumieren wäre. Und nicht zuletzt stammt auch das lateinische Verb colere, von dem unser Begriff der „Kultur“ abgeleitet ist, im Sinne von „bauen, bestellen, bearbeiten“, ursprünglich aus dem Bereich der Landwirtschaft. Was aber mit zu bedenken ist, ist der Bereich der Bildung. Diese ist unabdingbar, in Richtung Nachhaltigkeit zu denken und zu handeln, gleichzeitig muss Bildung selbst nachhaltig sein. Das meint umfassend, lebenslang, am Menschen orientiert, international und vorurteilsfrei.

Aus den aufgeführten Teilbereichen, Aspekten und Punkten kann somit folgende mögliche Definition des Begriffs der „Nachhaltigkeit“ als ganzheitlich-umfassendes Konzept entwickelt werden:

Nachhaltigkeit (die):

„Nachhaltigkeit meint ein ganzheitliches, universales und umfassend einzusetzendes Konzept der Verantwortung im Rahmen menschlichen Denkens und Handelns. N. betrifft die Teilbereiche der Ökologie, Ökonomie, Politik, Gesellschaft und Wissenschaft sowie die Frage des Lebensstils des Einzelnen. Unter Einbezug von Informationen müssen individuelle und kollektive Entscheidungen getroffen werden, die den dynamischen ökologischen, ökonomischen, politischen, sozial-gesellschaftlich und wissenschaftlichen Rahmenbedingungen und Anforderungen an ein solches Konzept gerecht werden. Es geht um nachhaltige Bildung in Richtung relevanter Konzepte, das Formulieren von Zielen und Wegen, das Erkennen von Chancen und Risiken, von Entscheidungsgrundlagen und Handlungsalternativen. Dabei spielt der Zeitfaktor eine entscheidende Rolle: Heutige Anforderungen müssen ebenso mitbedacht werden, wie die Anforderungen zukünftiger Generationen an aktuelle Entscheidungen und die Tatsache dynamisch sich verändernder Rahmenbedingungen. N. versucht, Werte zu schaffen und langfristig Werte zu erhalten. N. lässt sich damit wechselseitig zugleich auch als Forderung an ein System prozessual sozial interagierender Individuen und Institutionen im weitesten Sinne verstehen.“

Abschließend möchte ich noch den englischen Begriff der „Nachhaltigkeit“ in die Diskussion einführen, der da lautet: sustainability. Das zugehörige Verb lautet to sustain und meint, neben der Bedeutung „zu erhalten“ ebenso „zu tragen“. Und dieses Bild passt nach meinem Dafürhalten ganz hervorragend für das Konzept der Nachhaltigkeit: Wir tragen die Verantwortung für diese, unsere Welt, und das nicht nur aktuell, sondern auch mit Blick in die Zukunft – in einem nicht abschließbaren Prozess interagierender Sphären, Teilbereiche, Systeme und Subjekte.


Zum Weiterlesen:

Duden 2015, Begriff der Nachhaltigkeit; online abrufbar auf www.duden.de

Göbel, Elisabeth: Unternehmensführung und Moral. Konstanz 2014

Heins, Bernd: Soziale Nachhaltigkeit. Berlin 1998

Lexikon der Nachhaltigkeit, online abrufbar auf www.nachhaltigkeit.info


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Möglichkeiten der Dechiffrierung von Propaganda.

Setzen wir voraus, die sogenannten „seriösen“ Tageszeitungen, Magazine, Fernsehformate, Talkshows, usw. würden tatsächlich keine Propaganda betreiben, sondern rein neutral informieren – wenngleich man zumindest tendenziöse Berichterstattung und das Weglassen von Informationen, was zumindest an die Lüge grenzt, als Grenzfälle betrachten sollte. Und jedes Medium berichtet selbstverständlich in der Art und Weise „gefärbt“, wie es das jeweilige Stammpublikum erwartet.

Allenthalben ist man dennoch Propaganda und Propaganda-Versuchen ausgesetzt, gerade, wenn man sich verstärkt im Internet bewegt. Es gibt ein unüberschaubares Angebot an Internetseiten, an Foren und Plattformen, auf denen mehr oder weniger seriös Informationen angeboten, Meinungen ausgetauscht und persönliche Daten preisgegeben werden. Das Internet ist weltumspannend, anonym, nicht regulier- und regelbar und die gespeicherte Datenmenge wächst täglich in unfassbarer Geschwindigkeit.

Gesteuerte Meinungsmache mit dem Ziel der Beeinflussung der öffentlichen Meinung, also Propaganda, ist dabei kein neues Phänomen. Den Begriff der Propaganda im heutigen Sprachgebrauch kennt die Menschheit spätestens seit der Französischen Revolution und im Sinne der Verbreitung politischer Inhalte. Deutschland ist dabei historisch sehr deutlich von Propaganda geprägt – durch die beiden Weltkriege, die gleichzeitig Propagandaschlachten zwischen den je kriegsführenden Ländern waren.

Um auf das Internet zurückzukommen: Neben der fehlenden, einheitlichen Vorgabe, ein Impressum im Internet veröffentlichen zu müssen (vergleichbar mit einem deutschen Presserecht) –was aufgrund der weltweiten Vernetzung auch nicht durchsetzbar sein wird – wird Propaganda auch durch sog. „Shitstorms“ oder sog. „Trolle“ betrieben. („Troll“ ist die Bezeichnung für Personen, die die Kommunikation im Internet systematisch destruktiv beeinflussen und versuchen, andere Nutzer zu provozieren.)

Welche Möglichkeiten gibt es dann für den Einzelnen, Propaganda (beispielsweise im weltweiten Netz) zu erkennen, zu dechiffrieren und in einen Gesamtkontext einzuordnen – sei dieser nun politisch, gesellschaftlich, historisch oder aktuell? Wie lassen sich neutrale Nachrichten von bewusster Lüge und interessengesteuerter Berichterstattung trennen?

Ich schlage hier vier wesentliche Möglichkeiten vor, die man jeweils anwenden kann, neben der Tatsache, sich den Gesamtkontext stets zu vergegenwärtigen, tatsächlich auf sein Gefühl zu hören und spontane Reaktionen im Netz zu vermeiden:

1. Wer sind Absender und Empfänger der Nachricht?

Diese Frage beschäftigt sich mit der Frage danach, welche Absicht der Absender der Nachricht verfolgt oder verfolgen könnte und welche Empfänger im Fokus stehen. So geht es im politischen Bereich oftmals darum, dem jeweiligen Bild des Anderen entgegenzuwirken. Als Beispiel im internationalen Kontext sei das Russland-Bild in Deutschland genannt, welches – auch in der sog. seriösen Tagespresse – unter bestimmten Prämissen gebildet und aufrechterhalten wird. Dies geschieht nicht zuletzt auch aufgrund der Erwartungen der Empfänger, also der Konsumenten der jeweiligen Medien. Und in Beantwortung darauf unternimmt der russische Staat eine Gegenoffensive dazu im Netz (vgl. z.B. den – auch deutschsprachigen – Internetauftritt der „SputnikNews“).

Eine Sorgfalt in der Auseinandersetzung hinsichtlich Sender und Empfänger im Rahmen der Kommunikationstheorie ist also unerlässlich, ein differenziertes Bild kann durch diese Auseinandersetzung gewonnen werden.

2. Kritische Analyse von Bildmaterial

Auf Basis der heutigen Möglichkeiten der Manipulation von Bildern und Videomaterial sollte eine allzu unkritische Übernahme gezeigter Inhalte vermieden werden. Bei genauer Betrachtung entdeckt man oftmals Fehler, Schattierungen, Brüche, die auf nachträgliche Bearbeitungen hinweisen.

Bilder sollen stets eine Botschaft transportieren, verdeutlichen, verstärken und wirken oftmals stärker, als reine Texte. Ein extremes Beispiel diesbezüglich sind die Videos islamistischer Terrorgruppen, die Enthauptungen sog. „Ungläubiger“ zeigen. Die Islamisten verbreiten gewalttätig eine überkommene Vorstellung der Auslegung des Korans, die die westliche Lebensweise ablehnt. Eine Auslegung übrigens, die in intellektuellen Kreisen und in der weltweiten Koranforschung keinen Bestand hat. (Nebenbei: Gleichzeitig erkennt man dann oft in den Videos westliche Statussymbole – seien dies nun bestimmte, neuzeitliche Waffen, teure Armbanduhren oder Jeeps. Slavoj Žižek hat dies als latentes Begehren und als vorhandenes Neidgefühl dem Westen und der westlichen Lebensweise gegenüber identifiziert, was bekämpft wird (werden muss) und gleichzeitig dadurch eine Zirkularität in Bewegung setzt, die die Spirale der Gewalt immer weiter und weiter drehen lässt.)

3. Realer Austausch mit anderen Menschen

Unerlässlich scheint der reale Austausch mit „echten“ Menschen. Ein wirkliches Meinungsbild, eine tatsächlich vorherrschende Stimmung und Differenzierungen lassen sich wohl nur so erreichen, nicht über die Anonymität im Internet, welches zudem noch beeinflusst werden kann und wird (siehe „Trolle“). Gerade im interkulturellen Kontext scheint dies notwendig. Als Beispiel könnte man die aktuelle Flüchtlingssituation in Deutschland heranziehen. Sich alleine auf vermeintlich Berichterstattung oder eben Propaganda zu verlassen, wäre höchst fahrlässig. Neben dem eigenen Gefühl, der bereits andiskutierten Frage nach Sender und bewusst gewähltem Empfänger, kann man sich meines Erachtens das beste Bild machen, wenn man mit den Menschen ins Gespräch kommt .

4. Wissen um historische Zusammenhänge

Geschichtswissen ist unabdingbar, um auch aktuelle Entwicklungen, nationale Besonderheiten, aber auch politische Entwicklungen verstehen und aus heutiger Sicht kritisch deuten zu können.

Beispielsweise restaurierte sich der Islamismus nach dem Ende des Kolonialismus neu, auch, nachdem die lokalen Regierungen danach die jeweiligen Probleme (wie Korruption oder Überbevölkerung in Verbindung mit der Weltwirtschaftskrise) nicht in den Griff bekommen haben. Die heutige, nach wie vor herrschende Hegemonialpolitik, die der Westen an den Tag legt und die Weltwirtschaftspolitik zur Verteidigung nationaler Interessen zu Lasten der restlichen Welt, tragen dann zur Verschärfung der Situation bei.

Bildung, auch historische, ist und bleibt die entscheidende Waffe (um in einer martialischen Sprache zu bleiben), Zusammenhänge zu verstehen, einordnen zu können und aus vermeintlich vorgegebenen Mustern ausbrechen zu können. Nicht zuletzt ist auch hier schlicht Herzensbildung gefragt.

 

Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass es darum geht, stets die „Warum-Frage“ zu stellen. Warum also sendet jemand bestimmte Inhalte an welche Empfänger? Warum wird Bildmaterial bearbeitet, warum reagieren bestimmte Menschen in bestimmten Situationen auf eine ganz bestimmte Art und Weise?

Zu bedenken sind daneben unterschiedliche Identitätsmerkmale der je unterschiedlichen Länder: Sprache, Herkunft, emotionale Welt und Prägung, aber auch Architektur, Feiertage und Baudenkmäler, Flagge und Hymne, also Kultur im weitesten Sinne. Jedes Land ist aus der je eigenen Prägung und Geschichte heraus zu verstehen. Und ein Interesse an und eine Offenheit gegenüber anderen Menschen und Kulturen sollten zu einem gegenseitig wachsenden grundlegenden Verständnis beitragen. Mit einer entsprechenden Bereitschaft kann die Völkerverständigung im Kleinen, wie auch im Großen nur gewinnen.

Im Internet gehen Kontrolle und Verantwortlichkeit sukzessive verloren. Daher besteht einmal die Notwendigkeit, auch „Online-Kommunikation“ im weitesten Sinne als Herausforderung für Forschung und Lehre zu begreifen.

Und zum anderen scheint der beste Schutz immer in der Öffentlichkeit bzw. der öffentlichen Diskussion zu bestehen, also im Bestreben, alles „öffentlich“ zu machen, den öffentlichen Diskurs zu suchen, Interesse zu wecken und zu befeuern. Das betrifft Journalisten ebenso, wie Aktivisten, Betroffene ebenso wie Interessierte.

Dass auf der anderen Seite gerade mit dem Internet damit dann ganz eigene Gefahren und Probleme einhergehen (Provozieren von „Shitstorms“, Beeinflussung der öffentlichen Meinung durch „Trolle“, Mobbing, Lancierung von Falschmeldungen und reinen Gerüchten, und das alles unter Berücksichtigung der massiv vergrößerten Reichweite und einer nahezu unbegrenzten Speicherung), muss unbedingt mit bedacht werden.

 


 

Zum Weiterlesen:

Johannes Grotzky: Panta Rhei. Beiträge zur Medienkultur. Norderstedt 2012

Max Bernlochner: Interkulturell-interreligiöse Kompetenz. Bochum 2013

…und maximal streitbar: Slavoj Žižek: Blasphemische Gedanken. Islam und Moderne. Berlin 2015


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