Die Großstadt als Ort des Widerstands – am Beispiel von Hans Falladas „Jeder stirbt für sich allein“.

Wiederkehrend wird Hans Fallades Roman Jeder stirbt für sich allein quasi wiederentdeckt – aktuell durch die in den Kinos anlaufende gleichnamige Filmproduktion mit Brendan Gleeson, Emma Thompson und Daniel Brühl unter der Regie von Vincent Perez. Das Thema hat nichts an der Faszination bezüglich möglicher Abgründe menschlichen Verhaltens verloren und dient auch heute noch als Parabel für das, was fehlende Menschlichkeit und die Angst vor dem Anderen, Fremden in sozialen Bezügen hervorbringen kann.
Gleichzeitig kann das Buch als Begründung von „Angst“ als konstituierendem Merkmal menschlichen Verhaltens und als Beispiel für die Tatsache praktizierten Widerstands (hier in der Großstadt dienen); Themen, mit denen ich mich nachstehend auseinandersetze.

In seinem Vorwort zum Roman Jeder stirbt für sich allein nennt Fallada die beiden Hauptfiguren des Romans, Otto und Anna Quangel, zwar „Gestalten der Phantasie“. Gleichwohl basiert das Buch auf dem Vorbild des Berliner Arbeiter-Ehepaars Otto und Elise Hampel und deren Widerstand gegen die NS-Diktatur in den Jahren 1940 bis 1942, die sich mit selbstverfassten Karten und Briefen gegen die NS-Diktatur wehren. Ausschlaggebend hierfür ist im Roman der Tod des gemeinsamen Sohnes Otto im Felde.

1. Geschichtliches

Berlin zählte zu Beginn des Zweiten Weltkriegs rund 4,2 Millionen Einwohner, war damals als deutsche Hauptstadt auch die größte Stadt des Landes. Zu dieser Zeit existierten in Deutschland 52 Großstädte, definiert durch eine Einwohnerzahl von mindestens 100.000 Menschen.

Durch die Tatsache bedingt, dass Berlin zentraler Rüstungsstandort sowie Industriestandort war, wuchs die Stadtbevölkerung alleine im Zeitraum der zwanziger Jahre bis 1933 um eine Million Einwohner. Diese Urbanisierung veränderte die Stadtgesellschaft maßgeblich, die Arbeiterquartiere wuchsen, Wandel, sowie Tempo und Verdichtung prägten das Großstadtleben. Durch die Einteilung in 20 Stadtbezirke war Berlin dezentral aufgebaut – anders als andere Metropolen, wie London oder Paris.

Berlin war eines der Zentren der Künste (Theater, Gesang, Film, Varieté) in den „Goldenen zwanziger Jahren“; auch bedingt durch die russische Revolution kam von dort die künstlerische, intellektuelle Elite nach Berlin. Die Stadt war eine der Hochburgen des Kommunismus sowie der Sozialdemokratie. Dies zeigte sich auch (zumindest bis zur Weltwirtschaftskrise 1929/30) in den schwachen Wahlergebnissen der NSDAP zu Zeiten der Weimarer Republik, die jeweils weit unter dem deutschen Schnitt lagen. Den Gegensatz zu den „roaring twenties“ bildete die Wirtschaftskrise (Inflation, Arbeitslosigkeit) nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg.

Durch die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler, den Reichstagsbrand sowie das Ermächtigungsgesetz (alles im Jahre 1933) und im Zuge der politisch und wirtschaftlich schwierigen Lage, übernahm die NSDAP die Macht. Kommunisten und Intellektuelle (aber auch Homosexuelle, Sinti und Roma) wurden in Konzentrationslager deportiert, ebenfalls ab 1933 wurde von den Nationalsozialisten an der „Endlösung“ der Judenfrage gearbeitet. Diese Entwicklungen hatten auch Einfluss auf die Einwohnerstrukturen Berlins; während Regimegegner und Juden zu zehntausenden deportiert wurden (allein 55.000 ermordete Juden in Berlin), bzw. emigrierten (über 100.000 Juden aus Berlin), wuchsen die Arbeiterviertel rasant.

Das sehr gut ausgebaute Verkehrsnetz (Bus, Straßen-, Hoch-, U-Bahnnetz der BVG, damals als weltweites Vorbild des öffentlichen Nahverkehrs) führte dazu, dass die Arbeiterviertel nicht zwingend in unmittelbarer Nähe zu den Produktionsstandorten liegen mussten. Das typische „Berliner Mietshaus“ als Mietskaserne (mit Vorderhaus, Seitenflügeln und Hinterhaus – wie es auch Fallada schildert) stammte noch aus der städtebaulichen Entwicklung während der Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts. Auch die Infrastruktur mit Straßen- und Abwassersystem entstand in dieser Zeit.

2. Die Großstadt als Ort des Widerstands

Während München als Hauptstadt der Bewegung und Geburtsstätte des Nationalsozialismus bezeichnet wird, gilt Berlin als die Hauptstadt des Widerstands.
In Berlin gab es zahlreiche Formen des Widerstands – angefangen von den Attentätern des 20. Juli 1944 (um Graf von Stauffenberg), die sich regelmäßig in Berlin versammelten, bis zum Ehepaar Hampel mit ihren handgeschriebenen Karten und Briefen. Vor allem linke Gruppen und Kommunisten waren maßgeblich in Berlin aktiv. Zu nennen wären exemplarisch die Gewerkschaften, die SPD und die KPD. Mitglieder dieser Gruppen und Parteien gehörten zu den meistverfolgten „Illegalen“ in Berlin. Die Vorwürfe lauteten von Vorbereitung zum Hochverrat über den Landes- und Hochverrat bis zur Heimtücke und Wehrkraftzersetzung. Der Großteil dieser Menschen wurde Opfer der Nationalsozialisten. Wesentlicher Widerstand in Berlin entstand aus der Arbeiterschaft – nicht aus bürgerlichen Kreisen.

Fallada überträgt diese Tatsachen im Wesentlichen in seinen Roman unter Darstellung des mehr oder weniger unorganisierten Widerstands im Kleinen und Verborgenen.

 3. Örtlichkeiten, Wohnsituation, Anonymität

Jeder stirbt für sich allein ist insofern ein Großstadtroman, als Berlin (mit seinen Straßen, Häusern, markanten Punkten) den Hintergrund bildet und im Wesentlichen das Leben der Arbeiter (mit ihrem Dialekt, ihrer Wohnsituation, ihren Arbeitsstellen) geschildert wird. Dargestellt werden typische Merkmale der Großstadt mit Gedränge in der U-Bahn, der Elektrischen oder Geräuschen in einem Bürohaus.

Fallada verlegte den Wohnort des Ehepaars Quangel in die Jablonskistraße 55 im Stadtteil Prenzlauer Berg im Osten der Stadt, nahe dem Alexanderplatz. Somit erfolgt eine Verlegung vom damaligen (französischen) Westsektor in den (sowjetischen) Ostsektor. Die Hampels, als Vorbilder des Romans, lebten tatsächlich in der Amsterdamer Straße 10, Berlin-Wedding. Andere markante Punkte und Adressen entsprechen den Tatsachen, u.a. das Polizeipräsidium am Alexanderplatz oder das Gefängnis Plötzensee, in welchem auch Otto Quangel im Roman hingerichtet wird.
Dem historischen Hergang entsprechend wurden die meisten der Postkarten gegen das NS-Regime von Otto Hampel tatsächlich in und um Wedding abgelegt. Demgegenüber dreht Fallada im Roman diese Tatsache um: Der Kommissar Escherich kommt Otto Quangel auch deswegen auf die Spur, als dieser gerade um seinen Wohnort herum keine Karten verteilt (lediglich die eine vergessene Karte wird dann in der Wohnung der Quangels gefunden). Vielmehr markiert der Kommissar u.a. nördlich vom Alexanderplatz die Fundorte der Postkarten und Briefe mit seinen roten Fähnchen im Stadtplan, die Ausnahme bildet der Bereich um die Jablonskistraße, der unmarkiert bleibt. Die Topographie Berlins spielt also bei der Jagd nach Otto Quangel durchgehend eine wichtige Rolle.

Das Haus in der Jablonskistraße 55 wird im Roman als Mietshaus in der Berliner Tradition geschildert. Mehrere Mietparteien wohnen unter einem Dach, das Haus besteht typischerweise aus Vorder- und Hinterhaus sowie Innenhof. Bereits in den ersten Kapiteln werden die Bewohner im Wesentlichen vorgestellt: So wohnen hier die Quangels (Otto als Werkmeister), die Persickes (der Vater als ehemaliger Kneipier) und der arbeitslose Denunziant, Dieb und Spitzel Emil Barkhausen. Auf der anderen Seite werden als Bewohner aber auch die Juden Rosenthal (ehemalige Eigentümer eines Wäschegeschäfts, der Mann zu Beginn des Romans bereits verhaftet) sowie der ehemalige Kammergerichtsrat Fromm vorgestellt. Damit entspricht diese Schilderung einer typischen Wohnsituation mit sozialer Durchmischung in Berlin, wie sie Ende des 19. Jahrhunderts zur Vermeidung von Slums (anders als z.B. in London) geschaffen wurde.

Das Haus kann durch die Wahl und Darstellung der Mietparteien als Art Miniaturausgabe des Dritten Reichs und als das genaue Gegenteil einer Hausgemeinschaft definiert werden. Tatsächlich finden sich in der Personenauswahl viele Protagonisten des Dritten Reichs wieder (Partei- und SS-Angehörige, Mitläufer, Arbeiter, Denunzianten, Juden, Widerständler, usw.). In Falladas Roman ist eine strenge Typisierung der Figuren feststellbar. Auf der einen Seite stehen die Widerstandskämpfer (Otto Quangel, die Frauen in Form von Anna Quangel, Trudel Hergesell und Eva Kluge) und die Helfer (Rat Fromm, Dr. Reichhardt, Pastor Lorenz). Demgegenüber stehen die Gegenspieler (in Form der Gestapo, vertreten durch Kommissar Escherich, die Nazis, wie der Obergruppenführer Prall) sowie die Handlanger (die Familie Persicke, Enno Kluge und Emil Barkhausen). Die Sympathien sind fest verteilt: Während Quangel mit der Zeit dazugewinnt, sind die genannten Frauen (wie bei Fallada vielfach feststellbar) durchwegs positiv gezeichnet. Die Gestapo tritt – mit Ausnahme von Kommissar Escherich, der zuletzt fast Menschlichkeit gewinnt – betrunken, feist und schreiend auf.

Berlin dient also als authentische Kulisse, das Berlin mit seinem Dialekt, seinen Straßen, Kneipen, Hinterhöfen, Häusern. Fallada entwickelt ein realistisches Bild vom Leben der sog. „kleinen Leute“‘ im Berlin der NS-Zeit und folgt damit einer neusachlichen (antiexpressionistischen) Forderung nach Realitätsnähe und Aktualität.

Interkulturelle Differenzen, also die Begegnung verschiedener Völker oder Gemeinschaften spielen im Roman eine untergeordnete Rolle. Die Differenz der Kulturen, ausgedrückt in der ästhetischen, der moralischen und der weltanschaulichen Dimension, wird im Roman Jeder stirbt für sich allein weitgehend ausgespart. Die Rolle der Juden und ihre Vernichtung während der NS-Herrschaft werden von Fallada nur am Rande thematisiert. Das Ehepaar Quangel wird von Fallada beschrieben als „keine Judenfreunde“ – wie die Mehrheit der Deutschen. Ansonsten  wird dieser Aspekt des Dritten Reichs aber weitestgehend ausgespart. Der Anlass der Quangels für ihre Form des Widerstands im Roman ist (alleine) der Tod des Sohnes.

Die Kriegsgegner Deutschlands spielen ebenso kaum eine Rolle. Lediglich Frankreich kommt eine etwas herausgehobene Rolle zu. So wird bereits am Anfang des Romans die Kapitulation Frankreichs thematisiert (was dann zugleich die zeitliche Einordnung und den Beginns der Handlung – das Jahr 1940 – anhand der historischen Gegebenheiten zulässt). Dieses Ereignis zieht sich anfangs durch den Roman, ist als Zeitgeschichte (neusachlich) aktuell und zeitnah, ohne dass jedoch interkulturelle Aspekte weiter beleuchtet werden.

Viel interessanter sind die intrakulturellen Begegnungen und Differenzen. Die Inhomogenität der Gesellschaft, die verschiedenen kulturellen Orientierungen der einzelnen Mitglieder, ob ideologisch, berufsbezogen, sozial oder anderweitig differenziert, sind zu untersuchen. Dabei verhalten sich die Quangels, Dr. Fromm, Dr. Reichhardt, Pastor Lorenz, Eva Kluge, Grigoleit und der Säugling (letztere im Rahmen einer kommunistischen Zelle) abweichend zum Großteil der Gesellschaft, indem sie – jeder auf seine Art und Weise und mit unterschiedlichem Erfolg – Widerstand leisten. Dies wird auch deutlich darin, als jeder der Widerständler sich der herrschenden Moral (oder Nicht-Moral) im Dritten Reich widersetzt. Die Anonymität der Großstadt spielt im Roman eine große Rolle, alleine dadurch kann Otto Quangel seine Art des Widerstands durchführen. In willkürlich gewählten mehrgeschossigen Berliner Häusern (oftmals Bürohäuser, Häuser mit Arztpraxen, aber auch mit Privatwohnungen) legt Quangel die Karten immer im Treppenhaus ab. Gerade die (Groß-)Stadt bietet Anonymität, die fehlende Bekanntschaft der (Hauswand an Hauswand nebeneinander wohnenden) Bewohner untereinander. Fallada beschreibt diese Anonymität gerade als den großen Vorteil von Otto Quangel.

4. Das Andere, Fremde

Angst kann als konstruktives und konstituierendes Merkmal dieses Romans bezeichnet werden, Angst wird zum ausschlaggebenden Paradigma der grundlegenden Krisenstimmung und die Protagonisten unterliegen vollkommen ihrer Angst. Das Motiv der „Angst“ zieht sich durch den ganzen Roman, was wieder als (Zeit-)Aktualität und realistische Darstellung gedeutet werden kann. So sind (v.a. die Täter-)Figuren alle angstbeladen und Fallada spielt mit den spezifisch kleinbürgerlichen Ängsten und Hoffnungen. Alleine schon mit dem Anwachsen der Stadt, mit dem Moloch Berlin kann Angst assoziiert werden. Und im Kleinen, in einem winzigen Ausschnitt Berlins, spielen sich die gleichen Mechanismen ab, wie im Großen, im Weltgeschehen.

Fremd ist immer der Andere: Fremd sind sich alle im Roman – auch bedingt durch die herrschende Angst, erzählt aus der Perspektive und im Überlebenskampf eben des kleinen Mannes bei Fallada. Angefangen bei den Quangels, die sich trotz des langen Zusammenlebens fremd geblieben sind, Otto Quangel, dem sein Sohn stets fremd geblieben ist, die Entfremdung der Eva Kluge von Mann und Söhnen, der Kriminalkommissar Escherich, dem die NS-Vorgesetzten fremd bleiben, Fremdheit in Form verschiedener Zellengenossen und –genossinnen von Anna und Otto Quangel, die Fremdheit in den anderen geschilderten Familien. Die bei Fallada öfter auftretende Fremdheit bzw. das Spannungsverhältnis zwischen Stadt und Land wird auch in Jeder stirbt für sich allein thematisiert. So werden die Eltern der Anna Quangel, das Ehepaar Heffke, als in ihrem armen Dorfsitzend charakterisiert, als hart arbeitende Menschen und Parteimitglieder, dem Führer ergeben.

Das Fremde ist immer auch das Unvertraute. So gibt es im Roman nur wenige „Lichtblicke“ der Annäherung. Hierunter fallen könnten (zeitweise) die Hergesells, durch ihre Liebe und die Abneigung gegen das Dritte Reich verbunden. Zu nennen wären auch Eva Kluge und ihr neues Glück mit Mann und Sohn auf dem Lande. Zuletzt entwickelt sich zwischen den Quangels eine Vertrautheit: Das sonntägliche Schreiben der Postkarten sowie ein gegenseitiges Verständnis im Gerichtssaal. Diese Darstellung widerspricht aber (wie mehrfach nachgewiesen) der Wirklichkeit: In Wahrheit haben sich die Eheleute nach der Verurteilung zum Tode gegenseitig beschuldigt und versucht, auf Kosten des jeweils anderen eine Begnadigung zu erreichen. Die Fremdheit und Abgrenzung stellt wiederum eine Beschreibung der Tatsachen, der Realität dar. Die Weimarer Republik und das Dritte Reich mit all den Verdrängungen des Er- und Durchlebten hatten innerhalb der Familien, innerhalb der Gesellschaft gerade auch diese Fremdheit hinterlassen. Am Ende liegt dann nicht nur Berlin in Trümmern, auch die (moralischen) Beziehungen der Menschen untereinander sind endgültig zerstört.

Fallada setzt – aus seiner Sicht – mutigen Menschen, die im Kampf mit dem System untergegangen sind, ein literarisches Denkmal. Der Roman gilt als das erste antifaschistische Buch der Nachkriegszeit.


Zum Weiterlesen:

Fallada, Hans: Jeder stirbt für sich allein. Berlin: Aufbau Verlag GmbH & Co. KG, 5. Auflage 2011

Berlin im Nationalsozialismus – Politik und Gesellschaft 1933 – 1945, Hg. von Rüdiger Hachtmann, Thomas Schaarschmidt und Winfried Süß. Göttingen: Wallstein Verlag 2011 (= Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus, Band 27)

Giebel, Wieland: Berlin Geschichte. Berlin: Berlin Story Verlag 2009

Hans Fallada, Autor und Werk im Literatursystem der Moderne. Hg. von Patricia Fritsch-Lange und Lutz Hagestedt. Berlin: Walter de Gruyter GmbH & Co. KG 2011

Hans Fallada, Beiträge zu Leben und Werk. Hg. von Gunnar Waldeck und Roland Ulrich. Materialien der 1. Internationalen Hans-Fallada-Konferenz in Greifswald vom 10.06. bis 13.06.1993. Rostock: Hinstorff Verlag 1995

Kuhnke, Manfred: Falladas letzter Roman. Die wahre Geschichte. Friedland: Steffen Verlag GmbH 2011

Schmiechen-Ackermann, Detlef: Nationalsozialismus und Arbeitermilieus. Bonn: J.H.W. Dietz Nachf. GmbH 1998

Zurek, Adam: Psychologie der Entfremdung. Kröning: Asanger Verlag GmbH 2006

Williams, Jenny: Mehr Leben als eins. Hans Fallada – Biographie. Berlin: Aufbau Verlag GmbH & Co. KG 2011


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Donald Trump als US-Präsident – und darum ist das gut!

Donald Trump wurde soeben – aller Voraussicht nach – zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt, Hillary Clinton hat verloren.

Nach einem Experiment „Barack Obama“ als erstem schwarzen Präsidenten der USA scheint eine solche Wende unvermeidlich gewesen zu sein; zu sehr hat Obama enttäuscht, zu sehr war er (trotz seiner Wiederwahl) in weiten Teilen der amerikanischen Bevölkerung verhasst. Und zu groß waren die Vorbehalte gegen Hillary Clinton, leider nicht zuletzt, weil sie eine Frau ist.

Aber die Wahl Trumps hat aus meiner Sicht viele Vorteile, ich behaupte sogar, diese Wahl ist (auf lange Sicht) gut. (Auf kurze Sicht werden das zumindest vier Jahre ungewisser, unberechenbarerer Politik in den USA, in denen viele Weichenstellungen relativiert – man denke an Obama-Care, Klimaabkommen, usw. – werden können.)

Aber folgende Punkte sprechen meines Erachtens für eine langfristige positive Perspektive, die sich mit der Wahl Trumps verbinden lässt:

  1. Hillary Clinton repräsentiert eine überkommene Vorstellung demokratischer (in Deutschland würde man sagen: links-mitte-liberaler) Politik. Nicht zuletzt die Nähe zur Finanzwirtschaft, die Unregelmäßigkeiten bei Spenden (zumindest Bill Clintons) aus der Wirtschaft und ein auf jeden Fall fragwürdiges Verständnis des Umgangs mit privaten bzw. sensiblen Daten sprechen hier eine klare Sprache. Ein „weiter so“, d.h. ein Zementieren des Status quo hätte ebenso vier „verlorene“ Jahre mit sich gebracht.
  2. Eine Präsidentin Clinton hätte sich in vier Jahren nach meinem Dafürhalten einem noch radikaleren, populistischeren Herausforderer stellen müssen. Wirklich zukunftsweisende Entscheidungen wären in den Clinton-Jahren nicht zu erwarten gewesen (vgl. die Nähe zur Wirtschaft, w.o.). Nach der schon unfassbar dummen und armseligen Sarah Palin war Donald Trump im konservativen Lager der aktuellen Prägung in den USA die logische Fortsetzung. Wer wäre also die nächste, noch extremere Steigerung gewesen?
  3. Wie bereits beim Brexit haben sich wohl vor allem ältere Wähler für die radikale Lösung entschieden; jüngere Wähler haben zwar kritisch, aber doch reflektiert für zumindest das kleinere Übel (hier Clinton) gestimmt.
  4. Donald Trump lässt sich alleine von wirtschaftlichen Interessen leiten. Daher sind kaum Entscheidungen zu erwarten, die „ihn“ tatsächlich Geld kosten würden. Die Turbulenzen an den Börsen aktuell sind sicherlich Alarmsignal genug, dass die US-amerikanische Wirtschaft Druck auf die Republikaner ausüben wird. Und dann hat auch Trump ja Berater, zudem sind – auch internationale – Vereinbarungen nicht ohne weiteres einseitig zu kündigen.
  5. Die Demokraten haben jetzt die Chance, einen wirklichen, zukunftsfähigen Kandidaten oder eine Kandidatin aufzubauen. Das erfordert Mut, Zeit und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Aber die Chance sollte ergriffen werden!

Nach der Welle zumeist linker Regierungen weltweit in den 90-er-Jahren (Deutschland, Frankreich, Spanien, GB, die USA, viele Länder Südamerikas) ist das jetzt eine extreme Gegenbewegung. Dieses aber nicht zuletzt, weil sich linke Politik an rechte angeglichen hat, weil der sog. Neoliberalismus sich gerade in dieser Zeit endgültig etabliert und die Linke den Menschen aus den Augen verloren hat.

Ich glaube fest daran, dass die aktuellen Tendenzen in vielen Ländern, teilweise auch extrem nach rechts zu kippen, der Vorbote für ein neues, echtes linkes Projekt sein können. Eine fremdenfeindliche, chauvinistische, faktenleugnende, realitätsverweigernde, letztlich menschenverachtende Politik kann keine Zukunft haben. Gerade die heute jungen Menschen haben es in der Hand und mehrfach bewiesen, Verantwortung übernehmen zu können und zu wollen.

Dazu benötigt es aber eine wirklich linke Bewegung, die sich auf ihre ursprünglichen Ideen besinnt, das Wohl der vielen gegen das Wohl Einzelner wieder in den Vordergrund rückt, also das Gemeinwohl, den Menschen und nicht ein singuläres Gewinnstreben in den Mittelpunkt und persönliche Interessen hintan stellt, eine Vision entwickelt und auch international zusammenarbeitet. Das wäre eine wahre Revolution.

Packen wir es an!


Zum Weiterlesen:

(Mal wieder) Slavoj Žižek, der eine noch radikalere, dabei vielleicht sogar noch hoffnungsvollere Haltung einnimmt als ich, vgl. u.a. hier:

http://inthesetimes.com/features/zizek_clinton_trump_lesser_evil.html


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